„Probleme aus der Welt schaffen“

"Wenn ein Topmanager ein Projekt an die Wand fährt, bekommt er vielleicht noch eine zweite Chance. Bei uns aber stehen fünf Großprojekte an der Wand", stellte SPD-Ratsherr Dr. Wilfried Gabriel fest. Und traf damit die Meinung so mancher Sozialdemokraten, die mehr oder weniger deutlich schon den Rücktritt des Bürgermeisters forderten.

Nicht aber die Fraktionsspitze. "Wir werden den heutigen Abend in unsere Überlegungen mit einbeziehen, eine genaue Liste der Mehraufwendungen und Fehlleistungen aufstellen und uns dann äußern", erläuterte Fraktionschefin Eva Kremliczek. Ihr Fazit: "Unsere Skepsis gegenüber den Verwaltungsvorlagen wird künftig erheblich größer sein. Wir werden noch wachsamer in den Ausschüssen sein und eine Beteiligung Dritter bei den Großprojekten wesentlich stärker einfordern."

Die Diskussion "nicht nur auf Bürgermeister Heinz Paus zu konzentrieren", forderte Josef Hackfort. Sein Credo: "Wir müssen erst einmal die Probleme aus der Welt schaffen und dann die Personaldiskussion führen." Und Probleme, da waren sich die Sozialdemokraten einig, die hat Paderborn zurzeit reichlich am Hals. Jüngstes Beispiel: der Neubau der Kammerspiele.

"Bei der Tiefgarage muss wohl der Minister entscheiden"

Auch wenn diese Entwicklung niemand habe voraussehen können, stehe offenbar schon jetzt fest, dass auch die Tiefgarage unter dem Neubau der Volksbank Paderborn-Höxter wohl so nicht realisiert werden könne (wir berichteten). Direkt im Bereich der Einfahrt seien 400 bis 600 Jahre alte Mauern entdeckt worden, so dass eventuell sogar eine Ministerentscheidung nötig werden könnte.

Das habe auch der Bürgermeister nicht vorhersehen können, "wohl aber die Fehler bei der EU-Ausschreibung", ist Hackfort überzeugt. Auch die Fehler bei der Planung der Multifunktionshalle und vor allem bei der Planung des Stadions seien hausgemacht, weil der Bürgermeister auf Druck der Wirtschaft offensichtlich Entscheidungen an sich gezogen habe. "Die ganze Vorgehensweise hat System. Wir haben daher nicht nur ein Problem mit dem Stadion. Wir haben ein Problem mit dem Bürgermeister, denn der sorgt richtig für Schaden", formulierte Ratsherr Milan Nitzschke und forderte, dass die Verwaltung die Stadionplanung wieder an sich ziehen sollte.

Zuvor hatten Eva Kremlizcek, Josef Hackfort und Milan Nitzschke den Stand der Dinge zu allen Millionenprojekten erläutert und auch das Abstimmungsverhalten im Rat in Erinnerung gerufen. Denn da hatte die SPD zum Beispiel beim Stadion und bei der Multifunktionshalle zugestimmt. "Allerdings unter anderen Voraussetzungen und stets verbunden mit einem eigenen Forderungskatalog", betonte die Fraktionsspitze. Doch die SPD-Forderungen seien bei keinem Projekt realisiert.

Einige Sozialdemokraten plädierten ohnehin dafür, weniger in Bauprojekte, sondern in Bildung zu investieren. Eva Kremliczek erinnerte auch an den Gerichtsentscheid zum SPD-Bürgerbegehren gegen den Neubau der Stadtverwaltung. "Da hoffen wir auf eine Entscheidung im Januar."

Auch beim Blick aufs Rolandsbad sieht die SPD den schwarzen Peter bei der CDU-Mehrheitsfraktion: "Wenn gleich vernünftig geplant worden wäre, hätte die Wasserfläche erhalten werden können. Nun kostet das Bad durch die Verzögerung mehr Geld, und die Wasserfläche soll trotzdem kleiner werden, wenn nicht der laufende Bürgerentscheid noch Erfolg hat", meinte Eva Kremliczek.

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Dokument erstellt am 06.12.2005 um 21:55:58 Uhr
Erscheinungsdatum 07.12.2005 | Ausgabe: PADERB | Seite: 03