Deutschlands größte Abschiebehaftanstalt steht in Büren bei Paderborn. Kritische Stimmen sind in dieser Justizvollzugsanstalt (JVA) aber offenbar nicht sonderlich erwünscht. Anders ist es kaum zu erklären, dass die Anstaltsleitung jetzt einen Hochschullehrer aus dem Beirat hinausgeworfen hat.
Der Paderborner Informatikprofessor Uwe Kastens (59) lehrt seit 1982 an der Paderborner Universität. Er gilt als honoriger Mann, der sich in seiner Freizeit auch im Bürener Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft" engagiert. Im Oktober wurde Kastens deshalb vom Paderborner Kreistag mehrheitlich in den Beirat der JVA Büren gewählt. Der achtköpfige Beirat setzt sich aus Personen des öffentlichen Lebens zusammen. Er soll zwischen den Interessen der Gefangenen und denen der Anstaltsleitung vermitteln.
Professor Kastens wird dazu aber keine Gelegenheit haben. Denn der Bürener JVA-Leiter Volker Strohmeyer fühlte sich an das Votum des Kreistages nicht gebunden. Er strich Kastens von der Liste und ersetzte ihn durch einen anderen Bewerber, der bei der Wahl im Kreistag zuvor durchgefallen war.
Strohmeyer sieht sich formal im Recht. Sowohl der Kreistag als auch er hätten nur ein Vorschlagsrecht, sagt er. Die letzte Entscheidung über die Besetzung treffe das Landesjustizvollzugsamt. Das habe seinen Vorschlag akzeptiert. Strohmeyer sagt, er habe Professor Kastens "noch nie gesehen", räumt aber ein, dessen kritische Einstellung zur Abschiebehaft zu kennen.
Dass allein die den Ausschlag gegeben hat, davon ist nicht nur Horst Schulze-Stieler fest überzeugt. Der Fraktionschef der Grünen im Kreistag Paderborn spricht von einem "einzigartigen Affront" und "feudalen Verhältnissen". Die Bürener Gefängnisleitung maße sich an, ihren Beirat "selbst zu wählen" und eine kritische Person mit einem Federstrich zu eliminieren. Auch Frank Gockel, Sprecher des Vereins "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft", ist empört. Das Verhalten des Gefängnisleiters sei "in höchstem Maße undemokratisch".
Professor Kastens zeigte sich von der Entwicklung überrascht. "Ich weiß, dass der Kreistag mich in den Beirat gewählt hat", sagte er. Die Gefängnisleitung sei an einer Meinungsvielfalt offenbar nicht interessiert.
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Dokument erstellt am 16.01.2006 um 17:11:18 Uhr
Erscheinungsdatum 17.01.2006