Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, hat seine umstrittenen Äußerungen über den Zigaretten- und Alkoholkonsum Hartz-IV-Empfänger relativiert. Er wolle keine Hartz-IV-Empfänger diffamieren. Viele seien unverschuldet in Not geraten, sagte er der "Leipziger Volkszeitung". Gleichzeitig forderte er eine Debatte um die Frage, wie mit sozialen Leistungen der Allgemeinheit von den Betroffenen umgegangen werde. Leider komme die Hilfe häufig nicht zielgenau an.
Mißfelder bestätigte einen Bericht der "Ruhr Nachrichten", demzufolge er auf einer Parteiveranstaltung in Haltern am See die Erhöhung von Hartz IV als einen "Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie" bezeichnet hatte.
Breite Front der Kritik gegen Mißfelder
Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann verteidigte die Langzeitarbeitslosen gegen die Kritik Mißfelders. "Jeder, der die Hartz-IV-Sätze für zu hoch hält, sollte einmal selbst von 351 Euro im Monat leben", sagte er. Der Unionspolitiker ist auch Bundesvorsitzender der CDU-Arbeitnehmerschaft (CDA). Bayerns JU-Chef Müller sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa: "Wir stehen als Unions-Parteien in der Mitte der Gesellschaft. Dort haben dumpfe Vorurteile und Verallgemeinerungen keinen Platz."
Die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel warf Mißfelder vor, er zeichne gezielt ein falsches Bild von der Lebensrealität arbeitsloser Menschen. "Der Sozialchauvinismus der Jungen Union ist unerträglich." Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Dietmar Bartsch, bezeichnete die Aussagen als "zynisch und menschenverachtend".
Mißfelder hatte mit seiner Verbalattacke auch für Empörung bei Sozialverbänden gesorgt. Die Arbeiterwohlfahrt bezog Mißfelders Äußerung auf die Erhöhung des Regelsatzes für Kinder zum 1. Juli. Die Aussage des CDU- Politikers bezeugten "eine völlige soziale Inkompetenz", sagte Bundesvorstand Rainer Brückers der Zeitung. Der Landesverband Nordrhein-Westfalen des Sozialverbandes sagte, die Politik sei "dringend gefordert, die Ursachen von Armut und Ausgrenzung zu bekämpfen, anstatt sozial benachteiligte Menschen zu diffamieren".
2003 sorgte "Hüftgelenke"-Aussage für Empörung
Mißfelder war bereits im Jahr 2003 ebenfalls mit einer verbalen Attacke aufgefallen. Damals hatte er kritisiert, dass zu viele alte Menschen sich künstliche Hüftgelenke von Krankenkassen bezahlen ließen. Auch diese Aussage relativierte er später.
Stand: 20.02.2009 16:05 Uhr