
Zur Eröffnung soll Gründungsvater Josef Brückner in kompletter Wehrmachtsuniform vom Fünf-Meter-Turm gesprungen sein mit Karabiner. Ein entsprechendes Foto hat Dieter Müller, später erster richtiger Schwimmmeister, vor Augen. Das Bürener Freibad, das vor 70 Jahren eingeweiht wurde, war auch ein Kind des Dritten Reiches. Und die beiden Bademeister, wie sie früher genannt wurden, bestimmen einen Großteil der bisherigen Geschichte dieser Batze.
Das Freibad war ein langgehegter Wunsch der Bürener, weiß Hans-Josef Dören vom Stadtarchiv von einer weitaus längeren Vorgeschichte bis zurück in die Weimarer Republik. Lange Jahre sei der Standort strittig gewesen. Gebaut wurde das Bad schließlich seitlich der Schützenhalle und der Afte, die bis vor wenigen Jahren das komplette Wasser zur Verfügung hielt.
Schwimmen waren die Bürener bis 1939 zum Beispiel in der Afte-Kurve auf Höhe der Villa Laun (Lindenstraße) gegangen. Und auch in den 50er Jahren noch bei Böhners Schütt, wie Dieter Müller in der Erinnerung an Kindheitstage weiß, weil es dort nichts kostete. Fürs Freibad zahlte man nach dem Krieg anfangs 10, später 20 Pfennig.
Müller war ab Mitte der 60er Jahre der erste Gehilfe des legendären Brückner (Jahrgang 1917). Der Geseker er hatte das Bäckerhandwerk erlernt und fertigte außerhalb der Schwimmaufsicht Torten in der Konditorei Kluthe erwarb sich Respekt nicht zuletzt als drahtiger Marathonläufer. 1949 hatte Jumbo, wie er seiner gedrungenen Statur wegen gerufen wurde, bei den Deutschen Meisterschaften in Büren Platz drei belegt. 1952 zählte er zum Olympia-Aufgebot für Helsinki, kam dort aber nicht zum Einsatz.
Für Brückner, der immer mit Aktentasche unterwegs war und im Trainingsanzug sogar mit einer Schützenkönigin tanzte, war das Bad sein Reich. Wir waren das einzige Freibad mit Hühnern, erzählt Müller. Der Stall für rund 25 Stück Federvieh lag hinter dem Kiosk, die Eier der frei laufenden Tiere wurden unter den Büschen eingesammelt. Brückners Schäferhund Arko wiederum hielt nachts schon mal illegale Badegäste im Becken fest, bis die vor Kälte fast blau waren, so Müllers Erinnerung. Brückner ging 1978 in den Ruhestand, er starb 1993.
Müller, gelernter Fliesenleger, legte 1970 an der Deutschen Sporthochschule in Köln die Prüfung zum Schwimmmeister ab. Nach einer Zusatzprüfung durfte er auch ausbilden. Mitte der 60er Jahre war das Bürener Bad schon beheizt und mit einer Umwälzpumpe ausgestattet. Die beiden Rohrleitungen über der Afte waren beim 65er Hochwasser heil geblieben, weiß der heutige Pensionär. Das Becken trug damals bereits einen blauen Anstrich (später folgten Fliesen), und auch das Frühschwimmen war zu seiner Zeit längst eingeführt worden.
Beim Arbeitsstil schaute sich der jüngere Müller von seinem Ziehvater durchaus etwas ab. Wenn einer ins Freibad kommt, muss er das Gefühl haben, dass er derjenige ist, auf den am meisten aufgepasst wird, gibt er eine gemeinsame Philosophie wieder. Unvergessen bleiben Brückners disziplinierende Lautsprecher-Durchsagen in Richtung verliebter Pärchen: Unterlassen Sie bitte die neckischen Spielchen auf der Liegewiese!
Zeit spielte für die beiden ersten Verantwortlichen an diesem Arbeitsplatz, wo andere ihre Freizeit genießen, keine große Rolle. Als Brückner krank war, habe ich 469 Stunden in einem Monat gearbeitet, sagt Müller. Bis 2 Uhr nachts dauerten die Aufräum- und Reinigungsarbeiten, um 5 Uhr mussten die Vorbereitungen für die Frühschwimmer starten.
Neben einigen Um- und Neubauten sowie Änderungen in der Filtertechnik hat das Freibad vor einigen Jahren eine grundlegende Änderung hinnehmen müssen. Der damalige Landrat Dr. Rudolf Wansleben habe aus hygienischen Gründen angeordnet, dass das Becken nicht mehr mit dem kostenfreien Wasser aus der Afte gefüllt werden durfte. Müller dazu: Dabei hat es in all den Jahren nicht einmal eine Beanstandung gegeben.
Bis 4.500 Gäste an einem Tag
In den 70er und 80er Jahren erlebte das städtische Freibad seinen stärksten Besucherandrang. Dazu trugen sowohl die Schüler aus dem Internat Eringerfeld bei als auch die amerikanischen, holländischen und niederländischen Soldaten der Nato-Basis Stöckerbusch. Bei entsprechendem Sommerwetter besuchten, so Schwimmmeister Dieter Müller, in Spitzenzeiten 4.000 bis 4.500 Gäste das Bad. Nachdem in den 70er Jahren das zweite Bürener Freibad zwischen Harth und Weiberg errichtet wurde, werden in Büren heute an guten Tagen noch 2.000 bis 2.500 Badegäste gezählt.
In der 70-jährigen Geschichte des Freibades verzeichneten die Schwimmmeister auch etliche kritische Situationen. Dazu bei trug der Sprungturm, wo lange Zeit zwei Drei-Meter-Bretter zur Verfügung standen. Müller notierte in seiner Dienstzeit 27 Personen, die er regelrecht retten musste. Erfolgreiche Wiederbelebungen waren darunter für ihn persönlich aber kein Todesfall. Ich musste keinen vom Boden hochholen, so sein Kommentar. Ein einziger Todesfall wurde in all den Jahren im Bürener Freibad verzeichnet. 1979 ertrank dort ein kleiner Junge aus Weine.
© 2009 Neue Westfälische
Paderborner Kreiszeitung, Donnerstag 23. Juli 2009