

Mit Rekordbeteiligung und einem denkbar knappen Ergebnis ist gestern mittag die Internet-Umfrage des WV zum Thema Einzelhandel in Büren zu Ende gegangen.
Halten Sie die Entscheidung des Bürener Rates, an der Fürstenberger Straße künftig auch den Handel mit innenstadtrelevanten Waren zuzulassen, für richtig oder für falsch? Das hatte diese Zeitung gefragt. 49,77 Prozent der 1497 Teilnehmer stimmten für »richtig«, 50,23 Prozent für »falsch«.
Repräsentativ ist die Umfrage selbstverständlich nicht. Auch gezielte Mehrfachabstimmungen können nicht völlig ausgeschlossen werden. Dennoch ergibt sich ein Einblick in die Meinung der Bürger. Viele Teilnehmer haben auch die Möglichkeit genutzt, einen Kommentar zum Thema abzugeben. Im Folgenden finden sich einige Auszüge aus den Beiträgen der Leser.
Pro
So schreibt Internet-Nutzer »Andreas«: »Ich bin der Meinung, dass die Entscheidung richtig ist. Letztendlich entscheidet doch der Kunde, wo er einkauft.« Seit mehr als 20 Jahren könne man sowohl Großeinkäufe als auch Waren des täglichen Bedarfs an der Fürstenberger Straße erstehen. »Und wer auf Qualität und Beratung Wert legt, wird auch weiterhin den Fachhändler seines Vertrauens aufsuchen. Solange die Innenstadt nicht ganz ausblutet, weil alle Einzelhändler jetzt womöglich meinen, sie müssten an die Fürstenberger Straße umsiedeln, damit sie weiter bestehen können, sehe ich in der getroffenen Entscheidung nur Belebung für das Geschäft.
Ähnlich sieht es auch »Bruno A.«: »Die Innenstadt wird auch weiter mit ihren Fachgeschäften leben, aber es muss auch möglich sein, dass sich an der Fürstenberger Straße weiterer Handel zum Nutzen des Kunden entwickeln kann.«
Contra
Anderer Ansicht ist »Ein Bürener«: »Schaut man sich mal um, bemerkt man schnell, dass in allen Kommunen um uns herum alles dafür getan wird, den zentrenrelevanten Einzelhandel auch in den Zentren zu belassen. Paderborn beispielsweise hat sich gerade dagegen entschieden, zentrenrelevanten Einzelhandel an der Bahnhofstraße zuzulassen. Sind die Bürener tatsächlich schlauer? Muss man jetzt Planungssünden begehen, die andere schon lange vor Büren gemacht haben, und jetzt mühsam und mit großem finanziellen Aufwand revidieren? Man stelle sich vor, die Fürstenberger Straße wird tatsächlich geöffnet und einige Geschäfte verlassen die Innenstadt. Welche Laufkundschaft bleibt noch? Es wäre der Anfang vom Ende! Der Slogan "Konkurrenz belebt das Geschäft" ist doch billig.«
Ironisch fügt der Schreiber noch hinzu: »Dann tritt der Schützenverein eben demnächst vorm Marktkauf an. Die fußläufige Erreichbarkeit zum Neubaugebiet Domentalsweg ist ja optimal!«
Vorschläge
Einige Vorschläge, wie sich die Innenstadt attraktiver machen ließe, hat »Bürener«: »Das Zentrum muss die Innenstadt bleiben und noch mehr werden. Dazu gehört natürlich eine politische Strategie zugunsten der Innenstadt. Zurzeit werden mögliche Innenstadtkunden durch die Verkehrsführung aus der Innenstadt geradezu bewusst zur Fürstenberger Straße gebracht. Vielleicht sollte man auch über die Verkehrsführung nachdenken oder zuerst einmal damit anfangen, das eine oder andere Grundstück aufzukaufen und als Parkplatzgrundstück ausweisen oder aus mehreren Grundstücken größere Einheiten machen.«
»Eine Bürgerin« schlägt den Blick in die Nachbarstadt Salzkotten vor, die in den vergangenen Jahren gewachsen sei. »Es muss um Gewerbe im Industriegebiet Büren geworben werden, damit Arbeitsplätze entstehen und junge Leute hier in Büren bleiben oder nach Büren kommen, Häuser bauen oder alte, leer stehende Häuser kaufen, damit die Stadt wächst«, so ihre Meinung.
»Gisbert« rät Politik und Verwaltung, den Bürgern drei Vorschläge zum Zentrenkonzept (mit Vor- und Nachteilen) zu machen, und sie darüber abstimmen zu lassen: »Das ist Demokratie! Und dann müssen alle Seiten zum Wohl der Stadt wieder zusammenarbeiten.«
Politische Folgen
Angesichts der unterschiedlichen Meinungen, die die beiden Bürgermeisterkandidaten Burkhard Schwuchow (CDU) und Professor Dr. Wigbert Hillebrand (SPD) zum Thema haben, meint »Bruno A.«: »Die Wähler sollten bedenken, dass es bei der Wahl des Bürgermeisters um eine Persönlichkeitswahl geht. Hier zählt mehr als nur Pro und Contra Fürstenberger Straße, und auch die Parteizugehörigkeit spielt da keine Rolle.«
Gedanken über die Wirkung und die politischen Folgen der Einzelhandels-Diskussion macht sich auch »Tom«: »Für mich gibt es bei dieser Aktion zwei große Gewinner. Von der meiner Meinung nach richtigen Entscheidung profitiert der Bürger. Es wird mehr Vielfalt zugelassen und die Innenstadt wird gezwungen, sich endlich zu bemühen und nicht nur in alten Strukturen zu verharren, die durch eine Einzelhandelssperre noch gedeckt werden.
Der zweite Gewinner ist die SPD. Sie hat von Anfang an klar Stellung bezogen für die Fürstenberger Straße. Die CDU ist zerstritten, die FDP handelt nur aus Eigennutz – nur die "Roten", und das verwundert, zeigen auf einmal Disziplin.«
Hintergrund
Seit mehr als 20 Jahren besteht für die Fürstenberger Straße am Stadtrand von Büren die so genannte Einzelhandelssperre. Sie verbietet den Handel mit innenstadtrelevanten Waren. Darunter versteht man Waren, die wichtig für ein funktionierendes Geschäftsleben im Zentrum sind und darum nur dort verkauft werden dürfen. Welche das sind, steht in der Bürener Sortimentsliste. Darunter fallen beispielsweise Textilien, Schuhe, Drogerieartikel oder Schreibwaren.
Nach einer Diskussion, die sich über mehrere Jahre hingezogen hat, hat der Rat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, diese Sperre zu lockern. Betroffen ist davon der (stadtauswärts gesehen) rechte Teil der Fürstenberger Straße bis zum Graben. Dort könnten sich nun Geschäfte ansiedeln, deren Hauptsortiment aus zentrenrelevanten Waren besteht.
Ausnahmen haben auch bisher schon für den Marktkauf, den Baumarkt und den Aldi gegolten. Für den Textildiscounter Kik am Marktkauf gilt eine auf fünf Jahre befristete Ausnahmegenehmigung.
Kommentar
Augenmaß nicht verlieren
Die große Teilnahme an der Umfrage des WV und die Vielzahl der Leser-Kommentare zeigen eines: Das Thema beschäftigt die Menschen. Und zwar nicht nur die, die als Ladeninhaber oder Grundstücksbesitzer ganz unmittelbar betroffen sind. Kunde ist jeder.
Mehrfachabstimmungen mit dem Ziel, das Meinungsbild zu verzerren, sind mit ein wenig technischem Verständnis sicherlich möglich. Fair sind sie nicht. Fair sollte es übrigens auch in der Diskussion zugehen, egal, ob sie in der Anonymität des Internets stattfindet oder auf dem Marktplatz.
Händler sorgen sich um ihre geschäftliche Zukunft, Grundstücksbesitzer möchten von ihren Immobilien profitieren, Politiker in wenigen Wochen eine Wahl gewinnen. Das mag erklären, warum die Debatte teilweise hitzig und emotional geführt wird.
Doch Augenmaß, Sachlichkeit und Fairness dürfen nicht über Bord geworfen werden. Es wird sicherlich nicht der endgütlige Todesstoß für die Bürener Innenstadt sein, wenn die Regeln an der Fürstenberger Straße gelockert werden. Andererseits wird das Zentrum aber auch nicht mit einem Schlage so erblühen, wie es sich über Meinungs- und Parteigrenzen hinweg doch eigentlich alle wünschen, wenn die Sperre am Stadtrand auch künftig bestehen bleibt.
Artikel vom 28.07.2009