

Um Kraft zu tanken hat sie schon immer eher die Ost- und Nordsee angesteuert als den Süden. Nun könnte Ute Bergs Urlaubsregion ihr bald eine Menge Arbeit machen. Die Paderborner SPD-Kreisvorsitzende soll Arbeits- und Wirtschaftsdezernentin in Kiel werden. Bei einem positiven Votum des Stadtrats der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt am 21. Januar soll Wolfgang Scholle Bergs SPD-Kreisvorsitz kommissarisch übernehmen.
Wie die Kieler Nachrichten berichten, gelte Bergs Wahl nach der Bundestagswahl im vergangenen Jahr hatte die damalige wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion ihr Mandat verloren als sicher. Als Wirtschaftsdezernentin würde sie in der knapp 234.000 Einwohner zählenden Stadt mit einer Arbeitslosenquote von 8, 9 Prozent einen neu geschaffenen Posten übernehmen.
Kiels frühere Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz (CDU) hatte den Job nebenher gemacht. Ihr Nachfolger Torsten Albig (SPD) lehnt eine Doppelfunktion jedoch als unprofessionell ab. Am Montag hat sich Berg bei den Fraktionen von FDP, SPD, Grünen und CDU vorgestellt. Zuvor hatte sie sich gegen fast 50 Bewerber durchgesetzt. Durch Zufall hatte sie die Ausschreibung während einer Zugfahrt gelesen. Danach sei sie allerdings auch auf den Posten angesprochen worden. Kiels amtierenden Oberbürgermeister Albig kennt sie aus der gemeinsamen Zeit in Berlin, er war damals Pressesprecher des ehemaligen Bundesfinanzministers Peer Steinbrück.
Berg will als Kiels gut vernetzte Wirtschaftsbotschafterin auftreten und auf nationalen und internationalen Messen vertreten. Zudem möchte sie die Stadt als Kongress- und Messestandort voranbringen sowie den Bereich der Hafenwirtschaft stärken. Auch als Wissens- und Universitätsstandort sei Kiel bedeutsam. Insgesamt glaubt die 56-Jährige, eine Menge bewirken zu können.
Auch wenn sie sich auf diese neue Aufgabe freue, so verlasse sie die Region mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn sollte sie Dezernentin werden, würde sie in jedem Fall umziehen anders würde es nicht gehen. Nach 20 Jahren in der Paderborner SPD, 10 Jahren als Kreisvorsitzende und zwei Legislaturperioden für Paderborn im Bundestag falle ihr der Fortgang äußerst schwer.
Es ist ein sehr großer Verlust für die Paderborner SPD. Ich bedauere es sehr, sagt der Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Franz-Josef Henze. Die Paderborner SPD hat ihr Zugpferd erst einmal verloren. Er hätte es lieber gehabt, wenn sie in Paderborn und im Bundestag geblieben wäre. Auch Rainer Rings, Paderborner Stadtverbandsvorsitzender, findet es schade, dass Berg fortgeht. Sie hatte ein sehr gutes Standing und große Akzeptanz in der Bevölkerung. Zugleich müsse sie schauen, was sie mache wen sie nicht in dieser Legislaturperiode noch in den Bundestag nachrücken könne. Der stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Burkhard Blienert aus Delbrück freut sich für Berg, dass sie eine so interessante und spannende Aufgabe bekommen wird. In ihrer Zeit als Bundestagsabgeordnete habe sie viel für Paderborn getan.
Sollte Berg am kommenden Donnerstag in Kiel zur Dezernentin gewählt werden, wird sich die SPD über das genaue Vorgehen beraten. Nur im Notfall werde man den Kreisparteitag vom Herbst vorziehen, so Winfried Keller (SPD-Kreisgeschäftsführer).
In einem offiziellen Brief an hat Berg ihre Entscheidung allen Mitgliedern mitgeteilt und Scholle als Nachfolger vorgeschlagen. Eine schwierige Aufgabe, wie er sagt: Berg war ein Glücksfall und auch in Berlin keine Hinterbänklerin. Eine solche Frau kann man so schnell nicht ersetzen, wann man das überhaupt kann.
Scholle würde aber nur bis zum nächsten Kreisparteitag die Spitze übernehmen , betont der bisherige Stellvertreter aus Lichtenau. Danach steht er nicht mehr bereit. Ohnehin wird es für ihn ein heißer Wahlkampf. Bis Ende April hat der Schäfermeister mit seinen 350 Muttertieren viel Arbeit, die in dieser Zeit ihre Lämmer gebären.
© 2010 Neue Westfälische
Paderborner Kreiszeitung, Freitag 15. Januar 2010