Mit Parteispenden Steuervorteil erkauft?

Haben wir es nicht geahnt? Die Klientelpartei FDP hat – dank ihrer großzügigen Freunde und Förderer – wieder zugeschlagen. Unter Generalverdacht, die Hoteliers begünstigt zu haben stand bislang allein der bajuvarische Statthalter Horst Seehofer mit seinen Getreuen. Ihm wurde bislang allein die Initiative zur Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für Hotelübernachtungen zugeschrieben.

Jetzt veröffentlicht das Nachrichtenmagazin „SPIEGEL“, dass sowohl FDP wie auch die CSU die in Sachen Steuersenkungen offensichtlich durchsetzungsschwache CDU in dieser Frage erfolgreich überrumpelt haben. Beide haben sich ihre Lobbyarbeit laut SPIEGEL offenbar durch Großspenden von Miteigentümern der Mövenpick-Gruppe, die 14 Hotels betreibt, bezahlen lassen. Die FDP kann die jetzt geflossene Parteispende in Höhe von 1,1 Millionen Euro gut gebrauchen. Aufgrund des letzten, durch Jürgen W. Möllemann verursachten Parteispendenskandals (weiteres siehe verknüpftes Dokument „Die Straftaten von FDP-Politikern“), wurde sie zu einer Millionenstrafe verurteilt. Das sorgte für Ebbe in der Parteikasse.

Die frühere FDP-Staatsministerin Hildegard Hamm-Brücher wirft im SPIEGEL der FDP vor, sie betreibe „reine Klientelpolitik“ und kümmere sich ausschließlich um die Steuerfragen einer bestimmten Schicht. Auch Lobbykritiker beobachten besorgt den zunehmenden Unternehmerlobbyismus, der durch die Politik der FDP verursacht wird.

Die neuerliche Parteispende könnte sich möglicherweise zu einem handfesten Skandal entwickeln, der weit reichende Folgen haben könnte und muss. Welche Konsequenzen die Verantwortlichen in der Politik daraus ziehen, bleibt abzuwarten. Hier sind m. E. personelle und inhaltliche Korrekturen erforderlich. Die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes muss zurückgenommen werden und die offenbar geschmierten Politiker gehören in die Wüste geschickt.

Bei den Folgen der Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für Hotelübernachtungen selbst wird eines deutlich: Der Schritt ist in keiner Weise zu Ende gedacht worden. Die „Neue Westfälische“ veröffentlichte am 13.01.10 die Einschätzung eines Steuerexperten, der Kostennachteile für Unternehmer sieht. Solche Nachteile ergeben sich aber keineswegs nur für Unternehmer, sondern auch für abhängig Beschäftigte. Betroffen sind insbesondere all diejenigen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten mehrtägige Dienstreisen absolvieren müssen. Der zeitliche Aufwand und die erzwungene Abwesenheit von der Familie werden jetzt noch mit zusätzlichen Kosten bestraft. Grund: Bislang war es obligatorisch, dass die Arbeitgeber die Kosten für Übernachtung und Frühstück trugen. Beide Posten unterlagen dem gleichen Mehrwertsteuersatz und wurden auf der Rechnung als ein Posten ausgewiesen. Das geht nun nicht mehr. Die Mehrwertsteuersätze müssen separat auf der Rechnung ausgewiesen werden. Das führt dazu, dass die Dienstreisenden ihr Frühstück, das je nach Hotel gerne einmal mit 15-20 € veranschlagt wird, selbst bezahlen müssen. Bei einem steuerfreien Tagesspesensatz von 12 € reicht das nicht einmal für das Frühstück, geschweige denn für Mittag- und Abendessen.

Insgesamt hat die Politik allen einen Bärendienst erwiesen: Den dienstreisenden Angestellten, die entweder mit überteuertem oder ohne Frühstück zur Arbeit gehen müssen, den Arbeitgebern, die mit der Frustration ihrer Mitarbeiter umgehen und ggf. ihre Spesensätze erhöhen müssen und schließlich die begünstigten Hotelbetreiber selbst, denen ihr Steuergeschenk die Kalkulation des Frühstücks um die Ohren fliegen lässt und die als nächstes über einen Einbruch bei der Verpflegungsnachfrage klagen werden.

Mögen die politisch Verantwortlichen – um den Begriff „Regierenden“ zu vermeiden – auf die mehr als 60% der Bevölkerung hören und uns fürderhin von derlei Wohltaten verschonen. Vielen Wählern, die geglaubt haben, dass mit dieser neuen „Wunschkoalition“ vieles besser wird, werden allmählich die Augen geöffnet. Wenn erst einmal die Landtagswahl in NRW gelaufen ist, wird sich das Gruselkabinett endgültig demaskieren. Dann aber wird, wie weiland bei Helmut Kohl allerorten zu hören sein, dass „die eigentlich keiner gewählt hat“.

Hier der Link zum SPIEGEL-Artikel zum Thema: