Vater vermisst Unterstützung

Verbundenheit mit der Einsatztruppe: An der Auto-Antenne von Heinrich Zimmermann flattern gelbe Bändchen im Wind als Zeichen für den Einsatz der deutschen Soldaten in Afghanistan.

An der Antenne seines Autos flattern gelbe Bändchen im Wind. 150 Stück, schätzt Heinrich Zimmermann, hat er im Familien- und Freundeskreis schon verteilt. Sein 27-jähriger Sohn ist als Zeitsoldat seit einem Monat in Afghanistan – bei Kundus. Vier Soldaten seiner ISAF-Einheit sind am Karfreitag durch einen Hinterhalt getötet worden. „Was die Jungs ärgert, ist der Reflex in Deutschland“, sagt der Arzt: „Wenn Särge ankommen, verfallen wir in Starre und sagen, wir müssen da raus.“

„Man kann sagen, wir haben in Afghanistan nichts zu suchen – Punkt.“ Zimmermann, für die SPD im Bürener Stadtrat, kann so eine Haltung nachvollziehen. Mit den kriegerischen Auseinandersetzungen auf dem Balkan in den 90er Jahren habe sich seine persönliche Meinung geändert. „An die Botschaft, Frieden schaffen ohne Waffen, glaube ich nicht mehr.“ Wo auf der Welt gesellschaftliches Zusammenleben nicht funktioniere, würde die Bundeswehr während ihrer Bündnis-Verpflichtungen versuchen, Frieden zu stiften. Eine Rolle einnehmen „wie die Feuerwehr“, sagt Zimmermann und stellt die Frage: „Wie lange sollen wir zugucken?“

Sein Sohn hat als Rettungssanitäter gearbeitet, bevor er sich vor vier Jahren bei der Bundeswehr verpflichtete. Dass er damit auch zu Auslands-Einsätzen musste, war klar. „Wir haben damals viel darüber diskutiert“, erinnert sich der Vater, der als junger Mann zwei Jahre Sanitätssoldat war. Das Selbstverständnis des Soldaten im Einsatz beschreibt Zimmermann als „Polizei-Aufgabe“. Legitimiert durch die Entscheidung des Bundestages. „Dem Grundgesetz verpflichtet“, so Zimmermann, und dies sei „ein starker Schutz“ vor Missbrauch von Gewalt.

„Wir können aus Afghanistan nicht einfach rausgehen“, meint der Mediziner aus der Bad Wünnenberger Aatalklinik, der auch als ein Leitender Notarzt arbeitet. Aus seiner Sicht hat das internationale Bündnis in dem Land am Hindukusch durchaus schon etwas verändert: „Wenn dort eine Mädchenschule öffnet, ist das ein Quantensprung.“

Mit der neuen Einsatz-Strategie, aus den gesicherten Stellungen in die Bevölkerung zu gehen, wird es dort aus Zimmermanns Sicht nicht leichter für die deutschen Soldaten. Dafür fühlen sich sein Sohn und dessen Kameraden „nicht schlecht ausgebildet“, weiß der Vater. Auch die schon mal kritisierte technische Ausrüstung spiele keine entscheidende Rolle. „Fertig werden wir dort allein“, gibt er die ihm zugetragene Meinung in der Truppe wider. „Wenn wir sie aber dahin schicken“, appelliert Zimmermann, „müssen wir ihnen auch den Rücken stärken“. Die Soldaten würden sich für ihren Einsatz einfach mehr Solidarität wünschen.


Gelbe Schleifen

Gelbe Schleifen werden weltweit symbolisch verwendet als Zeichen von Solidarität und Unterstützung für die Truppen im Einsatz. Sie gehen ursprünglich auf einen amerikanischen Brauch zurück, eine Stoffschleife um einen Baum zu binden, um zu zeigen, dass man an einen fernen Freund oder Geliebten denkt.

Heinrich Zimmermann würde sich freuen, wenn Bürger nicht nur gelbe Bändchen an ihre Antenne binden, sondern den deutschen Soldaten in Afghanistan vielleicht sogar in Form von Postkarten ihre Solidarität bekunden. Er würde sie dann weiterleiten: Adresse: Hammkneik 18, 33 142 Büren.

© 2010 Neue Westfälische
Paderborner Kreiszeitung, Samstag 01. Mai 2010