Einzelhandel verliert rapide

Einzelhandel verliert rapide

Betrifft: Interview zum in Büren geplanten Einkaufszentrum, "Wichtig ist, dass die Leute in die Stadt gezogen werden", in der NW vom 2. April.

Es ist unfassbar heute in der NW zu lesen, wie in einer Kleinstadt namens Büren einige örtliche Kaufleute die Zukunft dieser Stadt verspielen wollen.

Was geschieht? Man streitet sich seit Jahren darum, wie ein in Jahrhunderten gewachsener Ort für mehr als 100 Jahre von jetzt auf gleich durch den Einzelhandel grandios verändert werden soll – ja, so lange hält Beton mindestens! Als Bürger, der einige Jahre in Büren lebte, sehe ich vielleicht von außen genauer hin als andere, bestimmt aber kritischer als der Stadtrat und sein Bürgermeister.

Man will also ein "Einkaufszentrum" mit einem Investor, der viel verspricht und der an alle appelliert, an ihn zu glauben, statt sein vorgetragenes Wissen belegen zu lassen. Die externen Berater sind keineswegs hilfreich (…).

Die Gegenspieler haben auch den Mut der Verzweifelten gesammelt und möchten ihre Träume von einer aufstrebenden Stadt mit viel Geld der Bürger (der Bürgermeister wird schon mit seinem Stadtrat der Ahnungslosen helfen) in die goldene Zukunft befördern.

Die Bürener sollten mit der Faust auf den Tisch schlagen und alle Verantwortlichen endlich wecken. Sieht denn niemand, wie rasant sich der Einzelhandel in Deutschland verändert? Schon mal gehört, dass sogar große Ketten wie C & A um ihre Existenz fürchten? Warum? Tatsache ist, dass es immer mehr Konkurrenz durch Warenhäuser und Discounter gibt, die regelmäßig Kleidung anbieten. Außerdem sind deren Käufer im Niedrigpreisbereich überhaupt nicht loyal, denn allein der Preis zählt – egal, ob das Angebot von C & A oder Aldi stammt. Vor allem gibt es immer mehr neue Onlineformate. Zum Beispiel so genannte "Shopping Clubs", in die zum Teil nur auf Einladung anderer Konsumenten ein Zugang gewährt wird. Und mehr als zehn Prozent der Bekleidungsumsätze werden laut dem Bundesverband für Versandhandel online gemacht (…).

Ein Blick in die USA hilft vielleicht, denn dort ist man der Zeit mindestens zehn Jahre voraus. Ich habe mich bei langen Reisen dort in kleinen und großen Städten umgeschaut. Online-Handel ist der Bestseller und Walmart als Riesendiscounter räumt den Einzelhandel ab. Und fast nur in wirklich großen Städten existiert überhaupt noch ein Einzelhandel.

Auf Büren übertragen heißt dies: In 20 Jahren gibt es vielleicht noch 10 Einzelhändler und maximal 2 Discounter. Was macht Büren dann mit den hässlichen Leerständen in der Innenstadt? (…) In vergangenen Jahrhunderten haben die Bürger in ähnlichen Fällen ihre Stadt verlassen und zehn Kilometer weiter neu gebaut (…).

Wolfgang Pöppel
33106 Paderborn

© 2015 Neue Westfälische
15 – Paderborn (Kreis), Freitag 03. April 2015