
Von Plänen überrascht
Marseille-Kliniken AG will Spezialklinik für Flüchtlinge im Bürener Krankenhaus einrichten
Von Marion Neesen und Sebastian Schwake
Büren (WV). Seit fünf Jahren steht das St.-Nikolaus-Hospital in Büren leer. Seit Wochen kursieren Gerüchte um das einstige Krankenhaus. Jetzt strebt die Marseille-Kliniken AG offenbar eine Folgenutzung an. Sie will dort eine Spezialklinik für Asylbewerber und Flüchtlinge errichten.
Bürens Politiker reagierten gestern unterschiedlich auf die Pläne. Dass der private Klinikbetreiber beim Kreis Paderborn als zuständiger Baugenehmigungsbehörde Ende vergangener Woche einen Antrag auf Umwandlung gestellt habe, das habe Bürens Bürgermeister Burkhard Schwuchow dem Bürener Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung am Donnerstagabend im nicht-öffentlichen Teil mitgeteilt. Da die Nachricht erst kurz zuvor im Rathaus eingetroffen sei, habe der Bürgermeister noch keine Details zum Bauvorhaben der Marseille-Kliniken AG geben können und lediglich davon gesprochen, dass Marseille einen Antrag auf Umwandlung beim Kreis gestellt habe. Gestern hat der private Klinikbetreiber sein Konzept schließlich öffentlich gemacht.
Für eine Stellungnahme dazu war Bürens Bürgermeister Burkhard Schwuchow gestern nicht zu erreichen. Seine Verhinderungsvetreterin Antje Degener erklärte jedoch auf WV-Anfrage, dass der Stadt die von der Marseille-Kliniken AG gestern versandte Pressemitteilung nicht vorliege. Ebensowenig habe das Unternehmen die Stadt über sein Vorhaben informiert noch seien Gespräche geführt worden. »Wenn Herr Marseille nicht mit uns sprechen möchte, muss man das so hinnehmen«, sagte Degener. Von der Schnelligkeit sei gestern auch die Stadt überrascht worden. »Wir sind in keiner Weise beteiligt worden«, so Degener. Die Marseille-Kliniken AG hatte das Bürener Krankenhaus 2006 für einen symbolischen Preis erworben und ist damit Eigentümerin der Immobilie. Letztendlich handele es sich also um Privatgelände, so dass die Stadt lediglich über den rechtlichen Rahmen ein Mitspracherecht habe. Eine Einschätzung darüber, was eine solche Klinik für Büren bedeuten könne, wollte Antje Degener aber nicht abgeben.
Auch der Fraktionsvorsitzende der Bürener CDU-Stadtratsfraktion, Joachim Finke, wollte die Pläne des privaten Klinikbetreibers nicht kommentieren.
»Es war eines von mehreren Gerüchten«, sagte der Fraktionsvorsitzende der FDP im Bürener Stadtrat, Gregor Lemm. »Es ist notwendig, dass den Asylbewerbern geholfen wird, und ich finde es auch gut, dass das Krankenhaus wieder belebt wird«, führte er aus. Er wandte sich mit einem Appell an den privaten Klinikbetreiber: »Es wäre schön, wenn die Bürener von dem Krankenhaus und der medizinischen Versorgung profitieren könnten und nicht an der Krankenhaustür abgewiesen werden, wenn sie schwer krank sind, nur weil sie keine Flüchtlinge sind.« Der Liberale erhofft sich durch die Spezialklinik für Flüchtlinge auch einen »Schub für die Gesundheitsvorsorge« in der Stadt.
Für Peter Salmen (SPD) »ist es noch zu früh, ein Urteil über die Spezialklinik für Flüchtlinge zu fällen, weil wir nicht wissen, welches Konzept dahinter steht«. Er appellierte an den Klinikbetreiber, die »Bevölkerung zeitnah und umfassend zu informieren und sie einzubinden«, damit die »sehr gute Stimmung in der Stadt«, die von den vielen aktiven Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe erzeugt worden sei, nicht bald kippe und sich gegen die Flüchtlinge richte, »weil sie nichts dafür können und es auch nicht verdient haben«.
Von Bündnis90/Die Grünen war niemand für eine Stellungnahme erreichbar. Andreas Dinkelmann, Regionalleiter der Marseille-Kliniken, ist von der Akzeptanz einer solchen Klinik in Büren überzeugt: »Für Kinder, Jugendliche und Erwachsene wird hier eine besondere, den kulturellen und religiösen Biografien entsprechende medizinische und pflegerische Versorgung angeboten. Diese gelte es nach langer und anstrengender Flucht aus Kriegsgebieten, oftmals noch verbunden mit traumatischen Erlebnissen, aufzuarbeiten gilt. Nach erfolgreicher Behandlung können die Patienten auch in ihre Wohnunterkünfte in den verschiedenen Städten zurück.«
Sollten die Marseille-Pläne umgesetzt werden, entwickelt sich Büren zu einem Zentrum für Flüchtlingsunterbringung und -versorgung in OWL: Erst vor wenigen Tagen hatte die Bezirksregierung Detmold mitgeteilt, in der ehemaligen NATO-Kaserne neben der Justizvollzugsanstalt eine Zeltstadt für bis zu 1000 Asylsuchende einrichten zu wollen. Lesen Sie weitere Berichte zu den Marseille-Plänen auf den Seiten 3 und 4.