AfD scheitert am Faktencheck

Lokales

AfD scheitert am Faktencheck

Falsche Zahlen: Die Partei verbreitet im Vorfeld der kommenden Demonstration Behauptungen über

Zuwendungen für Asylbewerber und Abschiebezahlen. Alle erweisen sich als falsch

Von Birger Berbüsse

Paderborn. „Lügenpresse“ ist ein beliebter Vorwurf der AfD. Allerdings nimmt es die Partei offenbar selber mit der Wahrheit nicht allzu genau, wie Recherchen der Neuen Westfälischen ergeben haben.

In ihrer Pressemitteilung zur Demo-Ankündigung für den 17. März stellte der Paderborner Kreisvorsitzende Günter Koch gleich mehrere Behauptungen über die Flüchtlingssituation auf. Alle erwiesen sich als unwahr. Die ausführliche Pressemitteilung befindet sich auch auf der Homepage des AfD-Kreisverbandes sowie der zuletzt stark besuchten Facebook-Seite.

In dem knapp eine Seite langen Text schreibt Günter Koch von einem der AfD „vorliegenden Bescheid für einen ,Flüchtling? aus Kabul / Afghanistan“. Dieser sei verheiratet und lebe hier mit zwei Kindern. Von der Stadt Salzkotten bekomme er monatlich 2921,25 Euro überwiesen und habe zudem einen Einkaufsausweis für die Speisekammer Salzkotten (Tafel). Damit sei er Deutschen gegenüber „gleichberechtigt oder sogar bevorzugt“, wie es Koch formuliert. Er schließt mit: „Das wollen wir nicht!“

Diesen Fall gibt es so allerdings auch überhaupt nicht. Unsere Nachfrage bei der Stadt Salzkotten ergab: „Die von der AfD angesprochene Summe für Leistungen für eine Familie von zwei Erwachsenen und zwei Kindern ist falsch“, heißt es aus der Verwaltung. Es gibt zwar eine Familie, die einen Betrag in der genannten Höhe erhält. Allerdings handelt es sich dabei um insgesamt zehn Personen (aufgeteilt in fünf Einzelfälle).

Das angesprochene Ehepaar mit zwei Kindern (10 und 3 Jahre) bekommt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 1.052,86 Euro, was also nur einem Drittel der von der AfD behaupteten Summe entspricht. Ein Ehepaar erhält demnach 598,04 Euro, eine Alleinerziehende mit Kind (16 Jahre) 604,39 Euro und zwei einzelne Erwachsene jeweils 332,98 Euro. Abgezogen wurde laut Verwaltung ein Energieanteil, den die Stadt mit der Miete trägt. Auch haben die Flüchtlinge einen Ausweis für die Speisekammern, dies sei aber das „übliche Vorgehen“.

Weiter behauptet Koch, dass „das Abschieben abgelehnter Asylbewerber auch nicht die Stärke Paderborns“ sei. 2015 sei dies nur in 20 Fällen gelungen. Auch dies ist nicht ganz korrekt, wie die Paderborner Stadtverwaltung auf Anfrage mitteilte. Im vergangenen Jahr sind demnach 28 abgelehnte Asylbewerber abgeschoben worden. Laut AfD seien „die restlichen 280 (von insgesamt 3.600 Asylanten) abgelehnten und zur Ausreise verpflichteten“ Personen nicht anzutreffen gewesen und so nicht abgeschoben worden. Diese Zahl ist den Quellen der NW zufolge allerdings „deutlich zu hoch gegriffen“.

Zur Unterbringung von Flüchtlingen werden laut AfD „Bürgerhäuser und Sporthallen“ benötigt. Die Stadt weist dies zurück: „Es gibt dazu derzeit keine Planungen.“ Auch dass Kitaplätze für Deutsche nur noch schwer oder gar nicht mehr zu bekommen seien, stimme nicht: „Es gibt hier weder Bevor- noch Benachteiligungen“.

Die Neue Westfälische wird die Paderborner AfD mit der Faktenlage konfrontieren und für die morgige Ausgabe Gelegenheit für eine Stellungnahme anbieten.

© 2016 Neue Westfälische
15 – Paderborn (Kreis), Freitag 11. März 2016